Im Dickicht der Nachhaltigkeitsdefinitionen liefern ESG-Ratings (Umwelt – Soziales –
Unternehmensführung) dringend nötige Orientierung. Dass sich die Ergebnisse für ein und
dasselbe Unternehmen von Anbieter zu Anbieter stark unterscheiden können, tut der Nachfrage
keinen Abbruch. Vermögensverwalter können es sich kaum leisten, auf ein unabhängiges,
externes Testat zu verzichten. Andernfalls stehen Werbeaussagen mit ESG-Bezug nämlich schnell
unter Greenwashing-Verdacht.
Die wenigen Ratinghäuser haben deshalb gute Konjunktur. Eine Umfrage der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht unter 30 deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften legt nun
nahe, dass sie ihre Marktmacht in überzogene Preise für ihre Leistungen ummünzen. Noch nicht
mal jeder fünfte der befragten Vermögensverwalter ist der Meinung, die Ratingkosten würden
sich in einem angemessenen Rahmen bewegen. In der Kritik steht auch die Marktstruktur, die auf
ein Anbieter-Oligopol hinauslaufe. Zudem bemängeln die Vermögensmanager hohe
Mindestgebühren, die kleinere Marktteilnehmer überproportional belasten würden. Am Ende
zahlen so oder so die Anleger.
Aktuelle News
Laut Statistischem Bundesamt lagen die Immobilienpreise hierzulande 2023 in jedem Quartal
um ein Zehntel unter dem Vorjahresniveau. Einen solchen Preisverfall hat Deutschland seit über
60 Jahren nicht mehr erlebt. Nicht in allen Städten gab es indes einen Rückgang – das
Hamburger Preisniveau beispielsweise blieb stabil.
(Neu-)Mieter müssen derweil immer tiefer in die Tasche greifen: Im letzten Quartal 2023 wurde
vom Institut der deutschen Wirtschaft ein Mietpreisplus von 5,3 Prozent gegenüber dem
Vorjahresquartal registriert. Nach wie vor sind Großstädter besonders betroffen; in Berlin stiegen
die Mieten 2023 auf Jahressicht um fast 13 Prozent, im direkten Umland teils noch stärker. „Die
Mieten sind weder gesunken, noch sind sie weniger stark angestiegen“, sagte der Präsident des
Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten gegenüber dem SWR. Der Grund liege vor allem im
nach wie vor eklatanten Missverhältnis zwischen Wohnraumangebot und -nachfrage, an dem
sich auch so bald nichts ändern werde: „In den nächsten zwei Jahren wird sich auf der
Mieterseite für uns leider nichts Positives tun.“
Die Bundesregierung wollte im Zuge der Umsetzung einer EU-Richtlinie eine Versicherungspflicht für bis zu 20 Stundenkilometer schnelle selbstfahrende Arbeitsmaschinen einführen, auch wenn deren Halter bisher nicht als Verkehrsrüpel aufgefallen sind. Von der Idee waren selbst die Versicherer nicht begeistert. Nun können die Besitzer von Aufsitzrasenmähern, Gabelstaplern, Schneeräumern und Landmaschinen aufatmen: Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat das Vorhaben beerdigt, nachdem der Bundesrat zuvor sein Veto eingelegt hatte.
Mit solchen Maschinen verursachte und nicht anderweitig versicherte Schäden sollen zukünftig – wie auch jetzt schon – von der Verkehrsopferhilfe übernommen werden, die früher als „Fahrerfluchtfonds“ bekannt war. Diese Option lässt die EU-Richtlinie durchaus offen. Die Bundesregierung wollte sie zunächst nicht anwenden, weil die Verkehrsopferhilfe von allen Kfz-Haftpflicht-Beitragszahlern getragen wird, die damit kollektiv für die Halter selbstfahrender Arbeitsmaschinen geradestehen müssen.
In aller Regel haben Menschen, die bereits eine Psychotherapie durchlaufen haben, es beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung schwer. Für die meisten Versicherer sind psychische Erkrankungen, auch wenn sie als erfolgreich therapiert gelten können, wegen der schwer kalkulierbaren Kostenrisiken ein rotes Tuch und damit per se ein Ablehnungsgrund. Bisweilen reicht es bereits, einmal ein berufliches Coaching oder eine Paartherapie in Anspruch genommen zu haben.
Ein Test der Fachzeitschrift procontra belegt nun jedoch eine wachsende Offenheit: Die Risikoprüfer der Gesellschaften sagen nicht mehr von vornherein und pauschal Nein, sondern lassen sich in vielen Fällen weitere Unterlagen für eine individuelle Einschätzung vorlegen. Bei einem gleichartigen Test mit Musterkunden vor anderthalb Jahren hatte die Ablehnungsfront noch kaum Risse gezeigt. Auf die damals folgende Kritik haben einige Versicherer anscheinend reagiert und ihre Risikoprüfung angepasst. Damit tragen sie auch dem positiven Trend Rechnung, dass Menschen mit psychischen Problemen sich heutzutage eher professionelle Hilfe suchen als in früheren Zeiten, als eine Psychotherapie weithin stigmatisiert war.
Dauerwachstumsmarkt Healthcare
19.01.2024
In diesen Wochen, in denen gefühlt niemand von Viren verschont bleibt, klingeln wieder die Kassen der Apotheker und Pharmahersteller. Gesundheit ist vor allem in den Wintermonaten ein einträgliches Geschäft – aber auch im Rest des Jahres ein Gewinnbringer fürs Aktienportfolio. So hat der MSCI Healthcare Index von 2008 bis 2023 ein Plus von 462 Prozent verzeichnet, während der allgemeine MSCI World auf „nur“ 350 Prozent kam. Nicht wenige auf Gesundheit fokussierte Aktienfonds erwirtschafteten in den letzten zehn Jahren ein Plus nahe zehn Prozent p. a. – oder gar mehr.
Angesichts der alternden Weltbevölkerung gehen die meisten Analysten davon aus, dass die Hausse noch einige weitere Jahre anhalten wird. Für Anleger ebenfalls attraktiv: Healthcare-Aktien performen nicht nur stärker als der breite Markt, sondern zeigen dabei auch weniger Kursausschläge. Denn die Gesundheitsversorgung ist von der Konjunkturlage nur in geringem Maße abhängig, Schätzungen zufolge sind daher lediglich rund 15 Prozent der einschlägigen Titel eher risikoreich. Wer sich auf die defensiveren anderen 85 Prozent konzentriert, die ihr Geschäft mit etablierten Medikamenten, medizinischen Geräten und Gebrauchsgütern oder Gesundheitsleistungen bestreiten, dürfte damit eine vergleichsweise sichere Bank im Portfolio haben.
Die Zinswende kommt auch bei den Lebensversicherungskunden immer spürbarer an: Die meisten Gesellschaften, die bisher ihre Zahlen deklariert haben, erhöhen 2024 ihre laufende Verzinsung für klassische Kapitallebensversicherungen – nachdem die Ansprüche aus solchen Policen schon 2023 zu einem erfreulichen 6,4-prozentigen Wachstum der deutschen Vermögen beigetragen haben (wie in der Vorwoche an dieser Stelle berichtet). Die Spanne des erneuten Zuschlags beträgt 0,1 bis 1,1 Prozentpunkte, womit bei einigen Versicherern nun wieder eine Drei vor dem Komma steht.
Die Ratingagentur Assekurata geht für 2024 von einem Marktdurchschnitt von 2,45 Prozent aus. Im Vorjahr hat er sich bereits auf 2,26 Prozent „berappelt“. In Anbetracht von mehr als 80 Millionen davon berührten Policen in deutschen Schubladen machen Zehntelprozentpunkte in der Summe einen milliardenschweren Unterschied. Dessen ungeachtet ist die klassische Kapitallebensversicherung auf dem Rückzug, denn es hat sich herumgesprochen, dass Garantien teuer sind und die Rendite auf das Ersparte erheblich drücken. Fondsgebundene Produkte ohne oder nur mit Teil-Garantie erobern in der Folge seit einigen Jahren mehr und mehr Marktanteile.
Deutschland muss eine EU-Richtlinie zur Kfz-Haftpflichtversicherung in nationales Recht umsetzen, die insbesondere die Halter selbstfahrender Arbeitsmaschinen betrifft. Aufsitzrasenmäher, Gabelstapler, Landmaschinen, Schneeräumer und weitere bis 20 Stundenkilometer schnelle Vehikel sind hierzulande traditionell pauschal über die Haftpflichtpolice abgesichert. Zukünftig ist das nicht mehr ohne Weiteres möglich, denn vorgeschrieben sind dann Versicherungssummen auf einem Niveau, wie es für Autos üblich ist.
Für zahlreiche Halter der Maschinen bedeutet das laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (DGV) Mehrkosten. Immerhin wurden die Regelungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf noch entschärft: Zum einen wurde die vorgeschriebene Deckungssumme auf neun Millionen Euro reduziert, zum anderen die Frist für die Umstellung, die ursprünglich schon vor dem letzten Jahreswechsel enden sollte, bis 1. Januar 2025 verlängert. Wer dann noch ohne angepassten Versicherungsschutz unterwegs ist, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern sogar Freiheitsstrafen und den Einzug der Arbeitsmaschine.
Betriebsrenten im Rückwärtsgang
06.12.2023
Eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) sichert den Ruhestand von Mitarbeitern finanziell ab und stellt damit ein wichtiges Zugpferd im Werben um qualifiziertes Personal dar. Umso erstaunlicher, dass in Zeiten des Arbeitskräftemangels ein Rückgang der bAV-Verbreitung zu verzeichnen ist. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie eines großen Versicherers.
Vor allem im Mittelstand stockt demnach die Versorgung: 2011 verfügte dort noch jeder zweite Mitarbeiter unterhalb des mittleren Managements über Betriebsrentenansprüche, derzeit sind es nur noch 40 Prozent. Als Hauptgründe werden die langjährige Niedrigzinsphase und das seit Pandemiebeginn krisenhafte wirtschaftliche Umfeld vermutet.
Die Bundesregierung möchte die bAV-Rahmenbedingungen nun verbessern, denn diese sogenannte zweite Säule der Altersversorgung soll die weiter wachsenden Lücken der ersten Säule (gesetzliche Rentenversicherung) zu schließen helfen. Diskutiert wird beispielsweise, das Sozialpartnermodell zu öffnen, da es bisher kaum von den Betrieben angenommen wird. Auch Hinzuverdienstgrenzen stehen zur Disposition.
EU-Standard für grüne Anleihen kommt
22.11.2023
Im Oktober hat das Europäische Parlament den Green Standard verabschiedet, der dem Markt für nachhaltige Anleihen einen Schub geben soll. Bisher ist jener von Wildwuchs und einem Mangel an Transparenz geprägt, was wiederum Greenwashing begünstigt, also die Vermarktung von Anleihen als grün, die dieses Prädikat nach gängigen Kriterien nicht verdienen. Auch aufgrund der daraus folgenden Rechtsunsicherheit halten sich viele institutionelle Investoren, aber auch Privatanleger zurück.
Voraussichtlich ab Ende 2024 können sich Unternehmen und Staaten, die grüne Anleihen begeben wollen, an dem neuen Regelwerk orientieren, müssen es aber nicht. Der Standard definiert, wofür Einnahmen aus Green Bonds – im Einklang mit der EU-Taxonomie – verwendet werden dürfen. Dazu zählen etwa regenerative Energien, nachhaltiges, klimaschonendes Bauen oder „saubere“ Infrastruktur. Zudem gibt es eine „Flexibility Pocket“: maximal 15 Prozent, die abseits der Taxonomie investiert werden dürfen. Unternehmen können mit den Bonds auch ihre eigene grüne Transformation finanzieren.